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SDG icon DE 09In der zweiten oder dritten Dezemberwoche konnten Sie unsere neuste Ausgabe der wvr aktuell in Ihrem Briefkasten finden. Darin enthalten auch ein Interview mit unserem Geschäftsführer Ronald Roepke über die aktuellen Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen, und anstehenden Projekte, wie wir diesen begegnen. Aufgrund des begrenzten Platzes in unserer Kundenzeitung, haben wir hier eine gekürzte Fassung des Interviews veröffentlicht. Nachfolgend finden Sie die Langversion. Eine ausführliche Version unsers Beitrags zur Wasserinfrastruktur finden Sie außerdem hier: Wasserinfrastruktur. Weitere Informationen zur anstehenden Preisanpassung haben wir Ihnen ebenfalls zur Verfügung gestellt: Preisanpassung.

Wir denken und handeln in und für Generationen – das ist Nachhaltigkeit

Wie die wvr mit Zukunftsthemen umgeht und sich auf Extremwetterereignisse vorbereitet

Die dramatischen Ereignisse an der Ahr haben ein Thema in den Fokus gerückt, das auch für die wvr eine Herausforderung darstellt: Der Umgang mit Ausnahmesituationen. Michael Bonewitz, Verleger aus Bodenheim und auch Kunde der wvr, hat dazu ein Interview mit Ronald Roepke geführt, dem Geschäftsführer der wvr.    

Das Jahr 2021 könnte man mit der Überschrift „Viel Regen in Rheinhessen“ betiteln und es bleibt zumindest in der Bevölkerung eher als schlechter Sommer in Erinnerung. Viel Regen müsste auf der anderen Seite doch eine gute Nachricht für die wvr sein?

 Aus Sicht der wvr kann man durchaus sagen: Der Regen von heute ist das Wasser von morgen. Natürlich freut man sich als Wasserversorger, wenn das System wie in diesem Jahr nicht so unter Stress gerät. Aber wir hatten auch drei extrem heiße und trockene Jahre hintereinander, die erheblich an den Grundwasserreserven gezehrt haben. Und die Niederschläge, die wir nun in 2021 gesehen haben, konnten die Defizite der Vorjahre bei weitem nicht ausgleichen. 

Und 2020 war ja auch noch durch Corona geprägt...

Absolut, dadurch kamen weitere Faktoren hinzu. Normalerweise verbringen die meisten Menschen den Sommer in Urlaubsregionen, im vergangenen Jahr sind viele zuhause geblieben und haben sich als Ausgleich mitunter einen Pool in den Garten gestellt. Das hat die Wasser-Verbräuche noch mehr steigen lassen. Außerdem waren viel mehr Menschen im Home-Office. Da kommt man als Versorger schnell an seine Kapazitätsgrenzen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir es bei der Wasserversorgung mit einem hochkomplexen System zu tun haben. Stellen Sie sich nur die Größe unseres Versorgungsgebietes vor: Wir haben über 2.550 km Netzleitungen zu betreuen, die permanent gewartet und instandgehalten werden müssen.  

Dabei rückt das Thema Klimawandel immer mehr in den Fokus. Wie macht sich denn der Klimawandel bei der wvr bemerkbar?

Wenn man sich die aktuellen Klimamodelle anschaut, gehen Experten davon aus, dass der Sommer aus dem Jahr 2018 in Zukunft der normale Sommer für unsere Region sein wird. Und 2018 war – wenn wir uns zurückerinnern – eine echte Herausforderung und es folgten noch zwei weitere Hitzejahre mit 2019 und 2020. Wir hatten viele heiße Tage, im doppelten Wortsinn. Heiß von den Umgebungstemperaturen, aber auch heiß für unserer Anlagen, die rund um die Uhr liefen, um das gewünschte Wasser zur Verfügung zu stellen. Zudem hat sich die Vegetationsperiode in den vergangenen Jahren deutlich verlängert. Die Pflanzen fangen viel früher an zu wachsen, vor allem über einen längeren Zeitraum und dafür brauchen sie viel mehr Wasser. Das heißt zugleich: umso weniger Grundwasser kann sich neu bilden.

Leidet in solchen Zeiten auch die Qualität des Wassers?

Wenn ich Ihnen das am Beispiel Nitrat deutlich machen darf. Gehen wir mal davon aus, dass ein Landwirt genauso viel düngt wie bisher, aber zum gleichen Zeitpunkt 30% weniger Grundwasser neugebildet wird, dann haben wir auch weniger Verdünnungseffekte. Das heißt bei gleichem Stickstoffeintrag in den Untergrund wird die Konzentration des Nitrats im Wasser deutlich ansteigen. Aus einem Nitratwert von 35 mg pro Liter werden dann 50 mg pro Liter, also genau der Grenzwert von 50 mg pro Liter gemäß Trinkwasserverordnung. Da wir jetzt schon jetzt bereits in vielen Bereichen im Grundwasser Werte oberhalb des Grenzwertes haben, kann man sich selbst ausrechnen, dass sich dieses Problem noch weiter verschärfen wird. Dabei unternehmen wir auch heute schon enorme Anstrengungen damit das Wasser, dass an den Kunden abgegeben wird, trotz allem stets eine einwandfreie Qualität hat und die Grenzwerte der Trinkwasserverordnung unterschreitet. 

Auf was muss ich mich als Kunde einstellen? Ist bei gleichbleibenden heißen Sommertagen – wie schon in anderen Regionen Deutschlands – ein Wassernotstand zu erwarten?

Wir sehen es als unsere Aufgabe an, solche Situationen erst gar nicht entstehen zu lassen, wir agieren da proaktiv. Das heißt konkret, wir wollen die Gewinnungskapazitäten erweitern, indem wir mehr Uferfiltratbrunnen bauen, weil der Rhein eine verlässliche Rohwasserquelle ist Aber wir wollen auch die Speicherkapazitäten ausbauen, also weitere Wasserkammern, um auch in den Spitzenverbrauchszeiten genügend Wasser zur Verfügung zu haben. Dazu gibt es im Grunde keine Alternativen. 

Klimawandel heißt aber auch mehr extreme Wetterlagen, wie bereiten Sie sich hier vor?

Klimawandel ist nichts Abstraktes, die vergangenen Jahre haben das gezeigt. Also müssen wir neue Ideen, neue Strategien entwickeln, um die Wasserversorgung künftig sicherzustellen. Wir beteiligen uns an unterschiedlichen Forschungsvorhaben und wollen da durchaus Vorreiter sein. Wir arbeiten eng mit vielen Partnern zusammen, mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung, dem hiesigen Umweltministerium, dem Land Rheinland-Pfalz. Wir haben auch hier im Hause eine Promotionsarbeit unterstützt, die erfolgreich abgeschlossen wurde, nun ist die junge Kollegin sogar bei der wvr fest angestellt. Bei den hier angesprochenen Forschungsprojekten geht es in erster Linie um „Notfallvorsorgeplanung“ und das „Management von Extremereignissen“. Also wie wir die Wasserversorgung auch in Ausnahmesituationen gewährleisten können.

Welche Risiken haben Sie im Blick?

Stromausfälle, Cyberangriffe, aber auch Pandemien, übrigens haben wir uns damit schon vor Corona beschäftigt. Und gerade die jüngsten Ereignisse an der Ahr mit extremen Hochwasserlagen zeigen, dass Notfallvorsorgeplanung ein sehr wichtiges und leider auch hochaktuelles Thema ist, mit dem wir uns auseinandersetzen wollen und müssen. Und zwar rechtzeitig und frühzeitig. Wir sind schon heute an der einen oder anderen Stelle gut aufgestellt, wollen uns aber weiterentwickeln. Deswegen bauen wir auch gerade eine Netzersatzanlage, die das Thema Stromausfall absichern soll.

Und Sie wollen diese Netzersatzanlage mit Diesel und als Hybrid auch mit Photovoltaik betreiben. Ist Photovoltaik nicht ohnehin für Sie als energieintensives Unternehmen ein Zukunftsthema?

Das ist Teil unserer Strategie. Natürlich ist der Strom nur nutzbar, wenn die Sonne scheint, aber zum Glück sind wir in Rheinhessen sehr verwöhnt mit Sonneneinstrahlung und gerade, wenn die Sonne viel scheint, brauchen unsere Kundinnen und Kunden viel Wasser und die Wasserwerke brauchen dann viel Strom. Von der Photovoltaikanlage, die Sie erwähnt haben und die wir in Guntersblum planen, wollen wir einen Großteil des erzeugten Stroms auch selbst verbrauchen. Das schont die Stromnetze und wirkt sich entlastend auf die Kosten aus. Wir planen bei unserer neuen Netzersatzanlage auch große Energiespeicher, um den Strom, den wir nicht benötigen, zwischenspeichern zu können, um ihn dann später zu nutzen. 

Haben Sie schon Photovoltaikanlagen im Einsatz?

Bislang nicht, das wäre unser erster Schritt in diese Richtung. Aber wir denken bereits an unterschiedlichen Standorten über weitere PV-Anlagen nach. Und wir wollen dabei sehr proaktiv das Thema Flächenverbrauch untersuchen, um diesen beim Bau von PV-Anlagen so gering wie möglich zu halten. Agri-Photovoltaik ist eine Möglichkeit. Da werden die Anlagen nicht direkt auf dem Boden, sondern etwas höher aufgebaut, sodass man die Flächen zwischen den Modulen nutzen kann, entweder für den Naturschutz in Richtung Biodiversität oder für die Landwirtschaft. Wenn man die Module entsprechend hochgenug aufbockt, gibt es bereits Pilotanlagen, wo sogar Mähdrescher unter den Anlagen durchfahren können. Im Idealfall möchten wir also gerne eine Doppelnutzung hinbekommen. 

Denken Sie auch über eine Expansion ihres Verbreitungsgebiets nach?

An sich sind wir schon jetzt gut ausgelastet. Wir denken in eine andere Richtung. Das Land Rheinland-Pfalz hat sogenannte „Anpassungsstrategien an den Klimawandel“ entwickelt. Dabei geht es vor allem um den Ausbau von Verbundsystemen. Damit sollen Regionen, in denen Wasser ausreichend gewonnen werden kann, mit Regionen, in denen Wassermangel herrscht verbunden werden. Wir als wvr wollen den „Zukunftsplan Wasser“ des Landes unterstützen, da wir mit unserem Zugang zum Rhein Konzepte entwickelt haben, die aufzeigen, wie man zusätzliche Wasser-Mengen etwa durch neue Uferfiltratgewinnung erschließen kann. Jetzt geht es darum, dass wir gemeinsam mit dem Land die Strategie in konkrete Maßnahmen umsetzen.

Dann gibt es künftig wie bei Stromtrassen, auch Wassertrassen, die weit über das Verbreitungsgebiet hinausgehen?

Das ist bei Wasserversorgern an sich nichts Unübliches. Auch für die wvr sind schon heute größere Strecken normaler Alltag, wenn Sie an Bingen und Ingelheim denken oder auch an Kirchheimbolanden, die wir von Guntersblum aus mit Wasser versorgen. Schon heute gibt es in Deutschland – wie etwa die Bodensee-Wasserversorgung – Anbieter, die Wasser in die Fläche verteilen. Es existieren also etablierte Konzepte, da können wir in Rheinland-Pfalz als wvr einen Beitrag leisten.

Die wvr haben bislang viele Menschen der Region als Wasserversorger zum Anfassen kennengelernt. Ich erinnere an die gut besuchten Wassertage, an spezielle Angebote für Schulen und Kindergärten. Wird es denn im kommenden Jahr eine Rückkehr zur Normalität geben?

Das ist eine gute Frage. Wir beobachten jedenfalls die aktuelle Corona-Lage sehr genau. Allerdings werden wir den Wassertag im kommenden Jahr wohl nicht umsetzen können, da wir für die Vorbereitungen einen sehr langen Vorlauf benötigen. Was Schulen und Kindergärten angeht, so hatten wir auch in der Corona-Zeit Kontakt gehalten. Und ganz aktuell prüfen wir gerade Modelle und Angebote, wie man sich ggf. autark auf dem Gelände aufhalten kann, ohne etwa in das Verwaltungsgebäude gehen zu müssen. Ansonsten haben wir unsere Aktivitäten verstärkt ins Internet verlagert, unsere Homepage neu aufgesetzt und erweitert, vor allem mit Online-Angeboten für Kinder und Schüler zum Herunterladen von Bastelideen und Malvorlagen, von Spielen und Rätselaufgaben. Das wird glücklicherweise gut angenommen, das sehen wir auch an den Zugriffszahlen.

Kommunikation mit ihren Kundinnen und Kunden wird wichtiger denn je…

Völlig richtig und wir alle müssen unseren Weg in die Normalität erst noch wieder finden. Wir bei der wvr wollen in jedem Fall unseren Kundinnen und Kunden zeigen, was wir planen und umsetzen, was für Leistungen und welcher Aufwand dahintersteckt. Dafür haben wir auch unsere Facebook-Seite erstellt. Und wir haben ja viel vor in den nächsten Jahren. 

Wieviel Geld wollen Sie denn investieren?

Wir haben gerade im Aufsichtsrat jährliche Investitionsvolumen von 10 Millionen Euro für 2022 und die Folgejahre beschlossen. Nur mal zum Vergleich: Als ich zur wvr gekommen bin, lagen die Investitionen bei rund 3 Millionen Euro. Das ist eine große finanzielle Herausforderung, aber natürlich auf lange Sicht zu sehen. Was wir heute investieren, soll ja auch in 40, 50, wenn möglich noch in 80 Jahren seinen Beitrag leisten, da denken wir in Generationen.

Herr Roepke, vielen Dank für das Gespräch.

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